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MOONWALK #01-Stimmtraining für Lehrkräfte

von und mit Stefan Strasser

Schwerpunkte

  • Wahrnehmung (Körpertonus, Atmung, Stimme)
  • Auffinden der Indifferenzlage
  • Resonanzräume wahrnehmen und erweitern
  • Artikulation trainieren
  • Kraftstimme trainieren und Rufton-Übungen

Warum Stimmtraining?

Unsere Stimme ist im beruflichen Alltag (insbesondere in Sprechberufen) hoher Dauerbelastung ausgesetzt.

Belastungsfaktoren: zeitlicher Faktor (Stimme mehrere Stunden im Einsatz, laute Umgebung/Lärm, Stressfaktoren (z.B. Nervosität, Lampenfieber, Konfliktsituationen)

Ziel eines Stimmtrainings:

  • Stimme stärken
  • Stimmfunktion durch regelmäßiges Training erhalten
  • Belastbarkeit der Stimme trainieren

Stimmtraining ist immer ganzheitlich

Ein Stimmtraining bezieht den ganzen Menschen und seine Persönlichkeit mit ein. Im Fokus steht nicht nur die Funktionalität der Stimme, sondern die ganze Person, deren Stimme Ausdruck ihrer körperlichen und psychischen Präsenz ist. Zentral für jedes Stimmtraining und Grundlage für jegliche Veränderung ist die Fähigkeit zur Selbst- und Fremdwahrnehmung.

Selbstwahrnehmung / Imagination

Übung: Raumlauf und Körperhaltungen in unterschiedlichen Situationen einnehmen und sich selbst dabei wahrnehmen. Mögliche Situationen: Warten auf dem Bus, In einer Warteschlange, vor Beginn eines Vortrags;

  • Wie stehe ich da
  • Wie geht es mir in dieser Situation
  • Welche Muskeln beanspruche ich besonders in dieser Haltung
  • Wo fühle ich mich besonders angespannt

Einfach und stabil stehen / Präsenz im Stehen

Wie stehe ich physiologisch sinnvoll (i.e. weder über- noch unterpannt)

  • Füße parallel und hüfbreit voneinander entfernt
  • Knie nicht durchgedrückt, sondern locker beweglich
  • Hüfte beweglich
  • Pobacken nicht zusammenkneifen
  • Bauchdecke frei durch Atmung beweglich
  • Schultern locker -> lösen
  • Kopf auf Halswirbelsäule locker beweglich
  • Kiefergelenk lockern

Einfach und stabil sitzen / Präsenz im Sitzen

  • Am vorderen Drittel des Stuhls sitzen
  • Ober-/Unterschenkel ca. im 90 Grad Winkel
  • Sitzhöcker wahrnehmen
  • Füße Bodenkontakt und hüftbreit auseinander
  • Oberkörper über Sitzhöcker aufrichten / Brustbein anheben
  • Offene und bewegliche Sitzhaltung -> sich (mühelos) umschauen

Übung: vom Sitzen ins präsente Stehen kommen: Hände über Oberschenkel halten bis sie schwer werden, dann auf Oberschenkel fallen lassen ohne muskulär abzubremsen, dann aufstehen. Haltung und Veränderungen wahrnehmen.

Auftritt strukturieren (5 As) / Präsenz vor Publikum (nach…

  • Ankommen – sich Zeit nehmen am Redeort anzukommen, sich einfinden
  • Aufbauen – Körper aufrichten, Präsenz im Stehen, Brustbein heben, sich die Krone aufsetzen
  • Anschauen – sich dem Publikum zuwenden, Blick auf das Publikum richten
  • Ausatmen – lange und tief ausatmen (Entspannung) bis automatisch Einatemimpuls kommt
  • Anfangen – Mit Einatemimpuls den ersten Satz sprechen

Atemtypen und Sprechatmung

  • 1. Schulter- und Schlüsselbeinatmung (Klavikaluratmung)
  • 2. Brust- und Rippenatmung (Thorako-Kostal-Atmung)
  • 3. Zwerchfell- und Bauchatmung (Abdominalatmung)

Kombination aus 1. und 2 entspricht HOCHATMUNG , Kombination aus 2. und 3 entspricht TIEFATMUNG Hochatmung beim Sprechen führt auf Dauer zu Verspannung in Schulter, Hals, Kiefer, zu überhöhter Stimmlage und Stimmstörungen

Tiefatmung = Sprechatmung

  • Zwerchfell bleibt aktiv und beweglich
  • Brust, Rücken, Flanken und Beckenmuskulatur an der Atmung beteiligt

Übung zur Wahrnehmung der eigenen Tiefatmung: Blumenduft, Gähnen, Lachen, Seufzen

Reflektorische Atmung

Dabei ist das Einatmen nicht willentlich gesteuert, Gehirn gibt über Nervensystem den Impuls.

Übungen für freies Atmen, flexible Bauchdecke, bewegliches Zwerchfell: Nach langem Ausatmen Atempause zulassen und auf Einatemreflex warten

Seufzer

Pssst, Pscht

Lachen

Gähnen

Indifferenzlage / Mittlere Sprechstimmlage

  • Bezeichnet die physiologisch besonders günstige Stimmlage
  • Tonbereich, in dem der Stimmklang für Sprecher*in mit ausgewogener, unangestrengter Spannung verbunden ist
  • Die gesunde Stimme klingt unbehaucht, ohne hörbares Ausatemgeräusch, kräftig, klar
  • Verlassen der Indifferenzlage bei übersteigerter Emotion (Überraschung, Ärger Freude, Nervosität)
  • Die Indifferenzlage dauerhaft zu verlassen führt zu Überlastung der Stimme und Stimmstörungen

Übungen zum Auffinden der Indifferenzlage:

Brummen, Summen, Brummton

mm oder „jaja“ beim Telefonieren

genüssliches mmmm (sich Essen vorstellen), Kauübung nach Fröschels

mmmSchokolade, mmmMelone

Resonanz erweitern – Den Körper in Schwingung bringen

Die Resonanzräume im sogenannten Ansatzrohr aktivieren: Rachen, Mund, Nase, Stirnhöhle, Brustkorb

Stimmsitz nach vorne bringen mit diesen Übungen:

Gähnen (genüsslich, laut und klangvoll)

Summen (stimmhaft auf mmmm oder sss, sch)

Kiefern lockern und massieren, dabei locker jajajaja sprechen

Kauen mit Stimme: mnjam, mnjam, mnjam

WowowoWonne, Wawawa Wanne, Wuwuwu Wunder, Wewewe Welle

Sesam öffne dich!!!

Artikulation

Beweglichkeit des Mundes, der Kiefer, der Lippen beim Sprechen unterstützt die Artikulation und insgesamt die Präsenz beim Sprechen; fördert müheloses Sprechen und Stimmfunktion

Übungen

Unterkiefer: Gähnen, Gesicht ausstreichen und Muskulatur lockern, Kieferschütteln bei gesenktem Kopf

Lippen: Lippenflattern (mit Melodie, Lippenplatzen, Lippenknalle, Lächeln und Kussmund

Zunge: Zähne mit Zunge putzen bzw. abstreichen (Lippen dabei locker geschlossen), Zunge schnalzen, Zunge wedeln (nach links und rechts), Zungenrollen

Zungenbrecher: Tschechische Stretch-Jeans mit Strass-Steinchen; Schnell, schnell, schnell, schnalle schnalle, schnalle schnell die schnellen Schneeschuhschnallen an

Kraftstimme / Ruftonübungen /Atemwurf

1. Ffff, Sch, Lachen

2. FFFFt, Scht, Pssst (mit t am Ende und dabei abspannen)

3. Rhythmisch im 3er-Takt: Ft, Ft, Ft, (Pause) ft, ft, ft (Pause) ft, ft, ft usw.

4. Hep, Hep, Hep, Hop Hop, Hop (Unterbauch locker, auf Bewegung achten)

5. Mit gleicher Dynamik im Rufton Sätze üben: „Setzt, euch, bitte!“, „Frank, du auch!“, „Mach die Tür zu!“ usw.

6. Gedicht:

Ich kannte mal eine Anne-tt

Die sprang vom Dreimeterbre-tt

Die hatte sich alles getrau-t

Der hat vor gar nichts gegrau-t

Außer vor Pudding mit Hau-t

Ich kannte mal eine Anne-tt